"Es ist wichtig, dass man nicht allein ist"
Desideria Angehörigen-Beraterin und Community Managerin Ingrid M. Ecker stellt sich vor
Fast 350 Angehörige von Menschen mit Demenz haben bereits in diesem Jahr bei Desideria an einem Angehörigenseminar teilgenommen, eine Angehörigengruppe besucht, Impulse für den Alltag in den Impulsworkshops bekommen oder ein Coaching in Anspruch genommen. Die Koordination all dieser Angebote für pflegende Angehörige liegt in den Händen von Ingrid M. Ecker. Seit Dezember 2023 ist Ingrid die Schnittstelle für pflegende Angehörige, unsere Seminar- und Gruppenleiter und Familien-Coaches sowie für das Desideria-Team, wenn es um Unterstützung in Form von Angehörigenangebote geht. Sie hat für unsere Klienten immer ein offenes Ohr und ist jederzeit bereit, die bestmögliche Lösung für einen Angehörigen zu finden.
Liebe Ingrid, was macht für dich den Reiz deiner Arbeit aus?
Die Vielschichtigkeit der Aufgaben und der Freiraum, den mir Desideria in meinem Schaffen einräumt. An erster Stelle jedoch steht das Thema Demenz und die daraus resultierenden Auswirkungen bei einer Diagnose auf das gesamte Familiensystem. Hinter jedem Menschen mit Demenz stehen zwei bis drei Angehörige, die sich in einer Pflegesituation befinden. Da ich sehr viel mit betroffenen Angehörigen spreche, kann ich sagen, dass jedes Telefonat ein Schicksal ist. Und dieses Schicksal wirft eine Familie förmlich aus der Bahn. Durch meine Arbeit bei Desideria und unsere Angebote kann ich sehr zielführende Unterstützung zur Selbsthilfe anbieten. Die positiven Entwicklungen in einem Gespräch und auch die Rückmeldungen vieler Teilnehmenden in den verschiedenen Angeboten, bestätigen mir jeden Tag, wie wertvoll Desideria für pflegende Angehörige ist.
Du bist selbst betroffene Angehörige und hast auch an einem Angehörigenseminar teilgenommen. Was hast du für dich persönlich mitgenommen?
Sehr viel! Ich bin tatsächlich zum zweiten Mal in meiner Familie eine betroffene Angehörige. Bis vor vier Jahren begleitete ich meine Mutter, die zehn Jahre an Demenz erkrankt war, und heute meinen Bruder, der vor 20 Jahren die Diagnose Parkinson erhielt. Als ich ein Desideria Angehörigenseminar besuchte, war es für mich eine große Überraschung, wie schnell sich auch im Online-Format ein Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gruppe entwickelte, das auf großem Vertrauen basierte. Jeder Teilnehmende war in einer anderen Phase der Pflegesituation. Und genau das bewirkte neben dem professionellen Seminarinhalt die nächste große Überraschung: man konnte voneinander lernen und von den bereits gemachten Erfahrungen anderer profitieren und sich darüber austauschen. Ganz oft habe ich gedacht, wie gut und hilfreich wäre es gewesen, hätte ich – und auch meine Familie – schon viel früher derartige Unterstützung gehabt!
Warum würdest du jedem pflegenden Angehörigen eine Teilnahme an einem Seminar empfehlen?
Ein Angehörigenseminar ist ein sehr guter Einstieg dafür, um die neue Lebenssituation, was sie ja ist, besser zu verstehen. Natürlich geht es erst einmal um den von Demenz betroffenen Menschen. Aber wie bei jeder Krankheit in der Familie werden die Angehörigen meistens vergessen. Und dies nicht nur von Freunden, Kollegen und der Gesellschaft, sondern auch von sich selbst. Und dies ist das Schlüsselwort: Selbstfürsorge! In einem Seminar bekomme ich als erstes wertvolles Wissen über die Erkrankung und ihre möglichen Auswirkungen vermittelt. Das kann am Anfang sehr schwer sein, doch dieses Wissen schafft Verständnis. Im zweiten Teil bekomme ich einen Blick darauf, wie es dem Betroffenen geht, wie man in Krisensituationen wertschätzend und liebevoll kommunizieren und sich verhalten kann. Am Ende geht es um das Essentielle für einen pflegenden Angehörigen: wie kann ich selbst dafür sorgen, dass ich nicht unter die Räder komme und selbst in der Kraft bleibe.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Angehörigenseminar und Angehörigengruppe?
Wie schon gesagt, ist das Seminar der Einstieg, um die neue Lebenssituation besser zu verstehen und sich mit ihr wirklich zu beschäftigen. Es bildet die Basis dafür, sich gezielter mit den eigenen Bedürfnissen und Herausforderungen auseinandersetzen zu können. Und bereits hier erfährt der Teilnehmende, wie wichtig es ist, dass man nicht allein ist. Aber nach zehn Wochen Seminar haben sich die Rahmenbedingungen nicht aufgelöst. Daher ist es eine Erleichterung zu wissen, dass man sich weiterhin in einem monatlichen Rhythmus mit Gleichbetroffenen treffen und austauschen kann. Die Angehörigengruppen sind weiterhin durch unsere Familien-Coaches angeleitet, es wird jedoch ganz individuell auf die Fragen und Bedürfnisse beim jeweiligen Treffen eingegangen. Alle Teilnehmenden in einer Angehörigengruppe haben durch das Angehörigenseminar vorab denselben Wissensstand und verstehen die Kunst der einfühlsamen Kommunikation. Man fängt somit nicht wieder bei „null“ an, was doch auch ein beruhigendes Gefühl ist.
Mit welchen Themen können sich Angehörige an dich wenden?
Mit allen Themen, die zu der Frage geführt haben, wie kann ich meine neue Situation als pflegende Angehörige oder pflegender Angehöriger gut, besser oder überhaupt meistern.