Direkt zum Inhalt
Pressemitteilung

Desideria Preis für Fotografie zeigt: Demenz ist so bunt wie das Leben

40 Prozent mehr Bewerbungen – Siegerbilder thematisieren Kinderdemenz, Lebensfreundschaft, Zusammengehörigkeit über Generationen und Auseinandersetzung mit der eigenen Krankheit. Teils mit Humor, teils erschütternd ehrlich. 

München, 15.10.2024 – Grenzen überwinden, hinschauen und gemeinsam Erlebtes bewahren. Dass sie das können, haben die Bewerberinnen und Bewerber beim „Desideria Preis für Fotografie 2024 – Demenz neu sehen“ unter Beweis gestellt. Der Fotowettbewerb hat mit seiner zweiten Auflage noch mehr Zuspruch und eine größere Reichweite erzielt. Die Qualität der eingesandten Bilder hat an Intensität und Vielfalt dazugewonnen. Mehr als 570 Fotografien wurden von 78 Bewerber*innen aus Deutschland und Österreich eingereicht. Das waren 40 Prozent mehr Bewerbungen als bei der Premiere im Jahr 2022.

38 Einsendungen kamen von Profis, acht von Nachwuchsfotografen und 32 von Amateurfotograf*innen. Bei der Preisverleihung am 15. Oktober 2024 in München wurden vier ausgewählte Siegerarbeiten mit insgesamt 11.000 Euro prämiert. In der Kategorie „Profi“ ließ sich die Jury von den eindringlichen Aufnahmen von Evelyn Werner aus Hamburg einnehmen. Sie zeigen Szenen aus dem Leben der 16-jährigen Sarah, die an Kinderdemenz erkrankt ist. In der Kategorie „Nachwuchs“ hob sich Daniel Huss aus Wackernheim mit seinen intensiven Schwarz-Weißbildern ab, die vom WG-Alltag seiner Großmutter Bärbel erzählen. Das Bilddokument einer innigen Männerfreundschaft von Dimitrij Rudmann aus Wuppertal überzeugte in der Kategorie „Amateur“. Einen Sonderpreis erhielt Profi-Fotografin Brigitte Tast aus Schelerten für ihre Serie „Mein Baum der Erkenntnis“. Darin veranschaulicht sie das Fortschreiten der eigenen Erkrankung in narrativen Bild-Text-Kombinationen. Weitere sieben Arbeiten würdigte die Jury mit je einer „Besonderen Erwähnung“.

Die Bildwelt des „Desideria- Preis für Fotografie 2024 - Demenz neu sehen“ zeigt, dass der Begegnung und dem Umgang mit demenziell veränderten Menschen hohe Lebensqualität inne wohnen kann. Sie spiegelt eindrucksvoll die vielfältigen Formen des Lebens mit der Volkskrankheit Demenz, von der in Deutschland 1,8 Mio. und in Österreich etwa 150.000 Menschen betroffen sind. Teils mit viel Humor, teils auch erschütternd ehrlich, zeigen die Fotoarbeiten wie sich das Leben durch die Krankheit verändert. Es wird sichtbar, wie tiefe Lebensfreundschaft in der Krise trägt und sogar einander näherbringt und wie Liebe in der Familie und zwischen Partnern schwindende Erinnerungen überwindet.

Zugleich machen die Fotos transparent, wie engagierte Fachkräfte für Bewohner in Pflegeinrichtungen ein lebenswertes Dasein schaffen. Die Bilder sprechen eine eigene Sprache von Verständnis und Wertschätzung, mit der die Fotografierenden teils außergewöhnliche Momente zwischen Betroffenen und Angehörigen festgehalten haben. Manche meldeten zurück, dass sie über das Fotografieren einen neuen Zugang zu der Krankheit gefunden haben.

 

Mit dem Fotopreis will der gemeinnützige Verein Desideria Care e.V. das Bild von De menz in der öffentlichen Wahrnehmung verändern. Er wird 2024 zum zweiten Mal ver geben und wurde in Deutschland und Österreich ausgeschrieben. Die ausgezeichneten Fotografien und weitere Motive werden auf der Website www.desideria.org/fotopreis/2024 veröffentlicht sowie in Ausstellungen und über Medienarbeit der Öffentlichkeit präsentiert. Veranstalter von „Demenz neu sehen“ ist Desideria Care e.V., München. Gefördert wird das Projekt von der Josef und Luise Kraft-Stiftung.

„Mich fasziniert die Bildwelt, die der Fotowettbewerb erneut hervorgebracht hat. Sie zeigt, dass Demenz so bunt und vielfältig ist, wie das Leben selbst. Und dass Betroffene und die Menschen um sie herum ganz individuelle Antworten auf die Herausforderungen haben, die ein Leben mit Demenz mit sich bringt“, sagte Désirée von Bohlen und Halbach, Gründerin und 1. Vorsitzende von Desideria Care e.V. „Wir sind sehr glücklich, dass der Fotowettbewerb ‚Demenz neu sehen‘ abermals auf so große Resonanz gestoßen ist. Danke an all‘ die Menschen für ihren Mut, so offen mit Demenz umzugehen und das Tabu zu brechen. Sie helfen, der Krankheit den Schrecken zu nehmen“, so von Bohlen bei der Preisverleihung vor mehr als 100 Gästen. Die prämierten Fotoarbeiten werden in Ausstellungen gezeigt, sowohl in digitaler Form als auch Openair auf der Straße.

In Vertretung der Bayerischen Gesundheitsministerin, die Schirmherrin des Fotopreises ist, begrüßte Ministerialdirigent Bernhard Opolony die Gäste. Harald Mosler, Vorsitzender der Josef und Luise Kraft-Stiftung, überreichte den Sonderpreis. Die Stiftung ist Hauptförderer des Fotowettbewerbs. Zudem ermöglichte sie das Medienpanel „Zum Vergessen! Die bildliche Darstellung von Demenz in den Medien“ für Fotoexperten, das Desideria im März 2024 mit rund 30 Teilnehmenden durchführte.

Die Preisträger*innen im Kurzportrait

Kategorie „Profi“ (5.000 Euro) – Preisträgerin Evelyn Werner, Hamburg „Ein wundervoller Moment von Liebe und Lebensfreude“ 

„Geliebt, getragen und begleitet inmitten der Familie leben zu dürfen, das würde ich mir für jeden demenzerkrankten Menschen wünschen”, sagt Evelyn Werner aus Hamburg. Bevor sie als Fotografin arbeitete, war sie Kinderkrankenschwester und leitete einen ambulanten Kinder palliativ- und Intensivpflegedienst. Dort lernte sie auch die Familie von Sarah kennen. Sarah hat Kinderdemenz NCL. „Das Vertrauen in ihre Nächsten, in ihre Familie, die ihre Hände halten, und das Gesicht ei nes ‚Engels‘, der seine Taufe feiert, haben die Jury nicht losgelassen“, berichtet Jurymitglied Armin Smailovic, Fotograf aus München. „Ein wundervoller Moment von Liebe und Lebensfreude“. 

© Desideria Preis für Fotografie/Evelyn Werner, Hamburg

Kategorie „Nachwuchs“ (3.000 Euro) – Preisträger Daniel Huss, Wackernheim „BÄRBEL“

Daniel Huss studiert seit 2020 an der Filmakademie Baden-Württemberg. Seine Arbeit ist Teil einer Langzeit dokumentation über Demenz, in der er seine Großmutter Bärbel begleitet. Sie zog 2014 in die Familien-WG, die verschiedene Generationen und Kulturen unter einem Dach vereint. Vorübergehend wohnte auch eine Mutter dort, die mit ihrer Tochter aus der Ukraine geflohen war. „Leben in einem Mehrgenerationenhaus, umsorgt von vielen und herausgefordert durch einen quirligen Alltag. Für viele Menschen ist dies ein Idealbild des Älterwerdens“, beschreibt Jurymitglied Prof. Dirk Gebhardt, Dekan an der FH Dortmund, die Bildsituation. „Für die Jury drückt diese Fotografie in authentischer Weise einen der Grundzüge der Conditio Humana aus. Respekt und liebevoller Umgang miteinander über alle kulturellen und sozialen Grenzen hinweg.“

© Desideria Preis für Fotografie/Daniel Huss, Wackernheim

Kategorie „Amateure“ (2.000 Euro) – Preisträger Dimitrij Rudmann, Wuppertal „Zuerst war er für mich da...“

Gezeigt wird die Geschichte einer tiefen Männerfreundschaft. Als sich die beiden kennenlernten, befand sich der Fotograf in einer Sinnkrise, aus der Axel ihm heraushalf. Trotz Axels fortschreitender Demenz blieb ihre Freundschaft stark und intensivierte sich in den letzten Jahren vor Axels Tod. „Das Gewinnerbild zeigt eine innige Umarmung zweier Männer. Das Foto wurde ursprünglich im Quer format aufgenommen. Durch die Aufrichtung des Formats wirkt der ältere Mann aufrecht sitzend, den jüngeren wie zum Schutz um armend“, erklärt Jury-Mitglied Jutta Schein von „Die Zeit“, Hamburg. „Von der eingereichten Arbeit wurden mehrere Fotos von der Jury in die engere Auswahl genommen. Schließlich entschied sie sich für die aufgerichtete Umarmung.“

© Desideria Preis für Fotografie/Dimitrij Rudmann, Wuppertal

Sonderpreis (1.000 Euro) – Preisträgerin Brigitte Tast, Schelerten „Mein Baum der Erkenntnis“

In ihrer künstlerischen Tätigkeit arbeitet die Fotografin häufig mit narrativen Foto-Text-Kombinationen. Vor einigen Jahren wurde bei ihr ein Parkinsonsyndrom diagnostiziert, wovon auch ihre Gedächt nisleistung betroffen ist. In diesem Projekt setzt sie sich auf persön liche Art und Weise mit Alter, den Veränderungen ringsherum so wie mit ihrer Krankheit auseinander, aber auch mit dem Bedürfnis, weiterhin ein aktiver Teil der Gesellschaft zu bleiben. „Die Bilder sind ein mutiger Blick auf die Herausforderungen des Lebens und bieten einen einzigartigen Blick von Innen auf das Vergessen“, so Jury-Mitglied Jutta Schein von „Die Zeit“, Hamburg.

© Desideria Preis für Fotografie/Brigitte Tast, Schellerten

Bei Presseanfragen für Sie da:

Der Desideria Newsletter

Mit unserem Desideria Newsletter bleiben Sie auf dem Laufenden und erhalten Neuigkeiten zu unseren Unterstützungsangeboten, Aktionen in der Öffentlichkeit und Veranstaltungen.

Hier zum Newsletter anmelden